ImmoESt: Die Hauptwohnsitzbefreiung im Spiegel der Judikatur |
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25. September 2017 |
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Unter der Devise "der Staat braucht Geld" wurde mit Wirkung ab 1.4.2012 die Besteuerung von privaten Grundstücksveräußerungen eingeführt. Die bis dahin geltende Spekulationsfrist wurde gestrichen, sodass private Immobilienveräußerungen unabhängig von ihrer Behaltedauer grundsätzlich immer der Einkommenbesteuerung unterliegen. Die Steuer bemisst sich vom Gewinn aus dem Verkauf; der Steuersatz beträgt regelmäßig 30%.
Die in der Praxis wohl wichtigste Ausnahmebestimmung von der Immobilienertragsteuer ist die Hauptwohnsitzbefreiung. Im Folgenden werden einige Erkenntnisse zur ImmoESt bzw. zur Hauptwohnsitzbefreiung vorgestellt.
Steuerfrei sind die Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen samt Grund und Boden wenn sie dem Veräußerer a) ab der Anschaffung bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Verkauf mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
Der Sinn und Zweck der Hauptwohnsitzbefreiung besteht darin, dass der Verkaufserlös ungeschmälert zur Schaffung eines neuen Hauptwohnsitzes zur Verfügung steht. Deswegen kann die Hauptwohnsitz klarerweise nur dann zur Anwendung gelangen, wenn der 'alte' Hauptwohnsitz aufgegeben wird.
Nach dem Wortlaut der Bestimmung § 30 Abs 2 Z 1 lit a EStG muss die Hauptwohnsitzaufgabe mit dem Verkauf der Liegenschaft (Abschluss des Kaufvertrages) zusammenfallen. Die Verwaltungspraxis sieht dazu jedoch eine Toleranzfrist von einem Jahr vor, d.h. es ist für die Steuerbefreiung unschädlich, wenn der Hauptwohnsitz bis zu einem Jahr vor oder nach dem Verkauf aufgegeben wird. Der VwGH (1. Juni 2017, 2015/15/0006) hat unlängst entschieden, dass selbst eine Frist von 1 ½ Jahren die Steuerbefreiung nicht gefährdet, wenn bei der Veräußerung die Absicht, den Hauptwohnsitz zu wechseln, bereits feststeht. Gemäß dem Sinn und Zweck der Bestimmung soll der Veräußerer eine angemessene Frist zur Aufgabe des Hauptwohnsitzes haben. Diese kann, wenn die Beschaffung des neuen Hauptwohnsitzes eine längere Zeit in Anspruch nimmt durchaus über ein Jahr hinausgehen.
Meines Erachtens ist die Rechtsprechung des VwGH mit Vorsicht zu betrachten, zumal sie in gewisser Weise dem Wortlaut der Bestimmung widerspricht. Es wird daher auch künftig ratsam sein Grundstücksverkäufe so zu gestalten, dass die Aufgabe des Hauptwohnsitzes möglichst in zeitlicher Nähe zum Kaufvertragsabschluss stattfindet.
Die Hauptwohnsitzbefreiung erstreckt sich auch auf den Veräußerungsgewinn, der auf den Grund und Boden entfällt. Dabei soll nach Ansicht des VwGH (29.3.2017, 2015/15/0025) allerdings nur jener Grund und Boden befreit sein, der üblicherweise als Bauplatz für das betreffende Gebäude erforderlich ist. Die Beurteilung welche Grundstücksgröße üblicherweise als Bauplatz notwendig ist soll nach der Verkehrsauffassung erfolgen. Die Finanzverwaltung sieht die größenmäßige Beschränkung bei 1000 m2.
Nach der Rechtsprechung des BFG (24.3.2016, RV/7102376/2015) bezieht sich die Hauptwohnsitzbefreiung immer nur auf jenes Grundstück, welches als Hauptwohnsitz genutzt wird. Das Nachbargrundstück soll dagegen nicht erfasst sein, selbst wenn dieses mitgenutzt wird bzw. dem gleichen Verkäufer gehört. Das Gesetz definiert nämlich ein Grundstück als jenen räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche einer Katastralgemeinde, der im Grenzkataster als solcher mit einer eigenen Nummer bezeichnet ist (vgl. § 7a Vermessungsgesetz). Werden zwei (aneinandergrenzende) Grundstücke mit eigener Grundstücksnummer verkauft liegen zwei Verkaufsvorgänge im Sinne des § 30 EStG vor. Nur der Verkauf des „Hauptwohnsitzgrundstückes“ ist steuerbefreit.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Mag. Peter Knöll. Er ist Steuerberater in Wien mit Tätigkeitsschwerpunkt Immobiliensteuerrecht.
Mag. Peter Knöll
Mag. Peter Knöll, Steuerberater |
Immobilienbesteuerung, Hauptwohnsitzbefreiung
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