Neuregelung des Progressionsvorbehaltes seit Einkommensteuererklärung 2023 |
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29. Oktober 2024 |
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Nach dem österreichischen Einkommensteuergesetz sind natürliche Personen, die in Österreich einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben unbeschränkt steuerpflichtig. Unbeschränkte Steuerpflicht bedeutet, dass das Welteinkommen der Besteuerung in Österreich unterworfen wird.
In den Fällen aber in denen Österreich das Besteuerungsrecht (an positiven Einkünften) durch ein Doppelbesteuerungsabkommen genommen wird, kommt laut Ansicht des VwGH der Gesetzessystematik des Einkommensteuergesetzes (EStG) entsprechend der sogenannte Progressionsvorbehalt zum Tragen. Ein Progressionsvorbehalt bezieht sich nicht auf die Steuerbemessungsgrundlage, sondern auf den Steuersatz und regelt die Frage, ob ausländische Einkünfte (negative wie positive) einen Einfluss auf die Höhe des Steuersatzes haben.
Exkurs: Die Rechtsansicht des VwGH, hinsichtlich Progressionsvorbehalt und Systematik des EStG, vermag nach Ansicht des Autors nicht ganz zu überzeugen, zumal nach dieser Auffassung auch Einkünfte, die gemäß § 3 EStG steuerbefreit sind in die Berechnung der Steuerprogression miteinbezogen werden müssten. Außerdem würde diese Sichtweise der Formulierung, die in den meisten Methodenartikeln österreichischer DBAs enthalten ist: ‚Einkünfte einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen der Person einbezogen werden.‘ den legistischen Boden nehmen bzw. überflüssig machen.
Der Progressionsvorbehalt führt dazu, dass von der Besteuerung ausgenommene Einkünfte zur Berechnung des Durchschnittssteuersatzes miteinbezogen werden müssen. D.h. die Einkommensteuer auf die steuerpflichtigen Teile des Welteinkommens erhöht sich. Ein negativer Progressionsvorbehalt existiert nämlich nach österreichischem Verständnis nicht, zumal in diesem Fall die ausländischen Verluste nach Maßgabe § 2 Abs 8 EStG in Österreich zu berücksichtigen sind.
Zur Frage des Progressionsvorbehaltes vertrat die Verwaltungspraxis jahrzehntelang eine interessante Rechtsmeinung: Ist ein Abgabepflichtiger in Österreich bloß auf Grund eines Zweitwohnsitzes unbeschränkt steuerpflichtig, kommt wegen des im Ausland befindlichen Mittelpunktes der Lebensinteressen auf Grund der Abkommensdefinitionen nur dem ausländischen Staat die Funktion des Wohnsitzstaates zu, sodass in Österreich im Allgemeinen kein Progressionsvorbehalt geltend gemacht werden kann (einfacher Progressionsvorbehalt zu Gunsten des Wohnsitzstaates).
Vorstehende Ansicht bedeutete für die Rechtspraxis folgendes: War ein Steuerpflichtiger in mehreren Staaten unbeschränkt steuerpflichtig und befand sich seine Ansässigkeit im Sinne des Doppelbesteuerungsabkommens im anderen Vertragsstaat so verzichtete Österreich auf die Anwendung des Progressionsvorbehaltes. Dies führte dazu, dass Steuerpflichtige mehrfach das steuerfreie Existenzminimum den Grundfreibetrag in verschiedenen Staaten ausnutzen konnten. So konnte z.B. der in Deutschland lebende Steuerpflichtige, der in Österreich einen Zweitwohnsitz als auch eine vermietete Wohnung besaß in Österreich die Vermietungseinkünfte, sofern sie unter dem Freibetrag von ungefähr EUR 12.000 lagen (Grenze ändert sich neuerdings jährlich), vollkommen einkommenssteuerfrei beziehen.
Der VwGH hat mit dem Erkenntnis vom 7.9.2022, Ra 2021/13/0067 diese Verwaltungspraxis beendet. Die im Ausland ansässige Person hat jedenfalls den Progressionsvorbehalt anzuwenden, wenn sie nach inländischen Regeln, d.h. aufgrund eines Wohnsitzes oder eines gewöhnlichen Aufenthaltes unbeschränkt steuerpflichtig ist in Österreich. Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland liegt jedenfalls dann vor, wenn der Aufenthalt länger als 6 Monate dauert. In diesem Fall tritt die unbeschränkte Steuerpflicht mit Beginn des gewöhnlichen Aufenthaltes ein.
Umgelegt auf den oben skizzierten Praxisfall bedeutet dies: Der deutsche Steuerpflichtige muss in der österreichischen Einkommensteuererklärung auch bspw. seine unselbständigen deutschen Einkünfte aus einem Anstellungsverhältnis als zwar steuerbefreite aber progressionserhöhende Einkünfte berücksichtigen. In solchen Fällen wird es wohl vielfach für den ausländischen Investor zu einer erstmaligen Einkommensteuerpflicht in Österreich kommen. Die ausländischen Einkünfte sind daher ab 2023 jedenfalls für Zwecke des Progressionsvorbehaltes anzusetzen, ein Fehlen kann zumindest Säumnisfolgen auslösen.
Haben Sie noch Fragen zum Thema Progressionsvorbehalt, internationales Steuerrecht. Mag. Peter Knöll ist Steuerberater mit Tätigkeitsschwerpunkt Immobiliensteuerrecht. Mit seinem Fachwissen unterstützt er Sie gerne. Rufen Sie ihn unter 0650/ 634 70 42 an.
Web: https://www.steuerberater-wien.at/
Mag. Peter Knöll
Mag. Peter Knöll, Steuerberater |
Doppelbesteuerungsabkommen, Progressionsvorbehalt, Progressiver Staffeltarif
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