Selbständigkeit oder Unselbständigkeit körperlicher Vermögensgegenstände |
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07. Dezember 2011 |
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Über den Kern des Begriffes Vermögensgegenstand besteht weitgehend Einigkeit: er erfasst jedenfalls solche körperlichen Sachen und Rechte, die nach der Verkehrsauffassung einen selbständigen Wert repräsentieren und für sich übertragbar sind.
Strittig ist, ob es bei der Übertragbarkeit auf die konkrete Veräußerbarkeit ankommt, oder ob die Veräußerlichkeit an sich notwendig ist, oder ob die Übertragbarkeit zusammen mit Teilen des Betriebes oder dem Betrieb überhaupt genügt (Nowotny in Straube2, § 196 RZ 9).
Der BFH stellt auf die selbständige Bewertbarkeit ab und weniger auf die Verkehrsfähigkeit. So kann beispielsweise auch ein Zuschuss einer Brauerei zur Erlangung von Bierlieferungsrechten trotz fehlender Einzelveräußerbarkeit als Vermögensgegenstand beurteilt werden (BFH 26.2.1975, BStBl II 1976).
• Sachen mit physischer Verbindung (zusammengesetzte Sachen)
Nicht selten besteht eine Sache aus mehreren Komponenten, die für sich genommen ebenfalls Sachen darstellen könnten, aber infolge der Verbindung zu einer selbständigen Sache ihre Eigenschaft als eigenständiges Rechtsobjekt verloren haben. Sie werden im Rechtsverkehr nicht mehr selbst als Sache wahrgenommen, sondern nur als Elemente einer zusammengesetzten Sache.
Zusammengesetzte Sachen gehören unbestritten zu den Vermögensgegenständen (Ellrot/Krümer in Beck‘scher Bilanzkommentar7, § 247 RZ 13). Unselbständige Bestandteile einer zusammengesetzten Sache hingegen können keine Vermögensgegenstände sein.
Ist beispielsweise ein Vermögensgegenstand mit einem Gebäude derart verbunden, dass er nicht ohne Verletzung seiner Substanz an einen anderen Ort versetzt werden kann, ist er Teil des Gebäudes und als unselbständig anzusehen; damit teilt er das unternehmensrechtliche bzw. steuerrechtliche Schicksal des Gebäudes. Beispiele: Türen, Fenster, Klimaanlage,…
Ist hingegen ein Vermögensgegenstand auf Grund seiner Bauart (wegen bloß geringen, jederzeit leicht aufhebbaren Verbindung mit dem Gebäude) nach der Verkehrsauffassung als selbständiger Bestandteil anzusehen, ist er in der Regel als selbständig, somit nicht als Gebäude zu behandeln (VwGH 13.4.1962, 1639/60; VwGH 11.6.1965, 316/65). Selbständige Bestandteile einer zusammengesetzten Sache sind sonderrechtsfähig und können demgemäß Gegenstand des Rechtsverkehres sein. Trotzdessen können derartige Bestandteile zu den typischen Teilen eines Gebäudes gehören und nach der Verkehrsauffassung als Teil des Gebäudes gelten. Beispiele: Saunaanlagen, Schwimmbecken, nicht hingegen Einbauküchen (vgl. EStR Rz 3170).
Vorstehende Grundsätze sind prinzipiell auch auf bewegliche Gegenstände anzuwenden. Beispiel: Der Reifen eines PKW’s ist trotz schwacher physischer Verbindung (=selbständiger Bestandteil) als Teil des PKW's und nicht als eigenständier Vermögensgegenstand aufzufassen.
• Sachen, die trotz fehlender physischer Verbindung, als Einheit aufzufassen sind
Auch Gegenstände, die in keiner physischen Verbindung zueinander stehen, können nach der Verkehrsauffassung als ein Vermögensgegenstand gelten. Insbesondere, wenn die Gegenstände einem gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck dienen liegt oftmals ein einheitlicher Vermögensgegenstand vor. Beispiele: Bestuhlung eines Theaters, Sicherheitssystem bestehend aus Kameras und Scheinwerfern (vgl. EStR RZ 3899).
• Weitere Indizien, die für das Vorliegen eines einheitlichen Vermögensgegenstandes sprechen
Neben der Stärke der physischen und/oder wirtschaftlichen Verbindung von Vermögensgegenständen, gibt es noch weitere Kriterien die auf einen einheitlichen Vermögensgegenstand hinweisen. Im Zweifelsfall können diese Kriterien als Entscheidungshilfe dienen. Zu erwähnen ist zB.: ähnliche Nutzungsdauern von Vermögensgegenständen, die gemeinsame Anschaffung von Gegenständen (Kauf im Paket).
Beispiele:
- Anschaffung eines Winterreifens für einen PKW eines Transportunternehmers?
Physische Verbindung: schwache Verbindung
Wirtschaftliche Verbindung bzw. Einheitlichkeit nach Verkehrsauffassung: stark
Der Reifen ist Bestandteil des PKW’s und kein eigenständiger Vermögensgegenstand.
- Reifenhändler erwirbt einen Reifen?
Physische Verbindung: nicht vorhanden
Wirtschaftliche Verbindung bzw. Einheitlichkeit nach Verkehrsauffassung: nicht vorhanden
Der Reifen ist eigenständiger Vermögensgegenstand des Umlaufvermögens.
- Nachkauf eines Heizkörpers?
Physische Verbindung: mittelstarke Verbindung zum Gebäude
Wirtschaftliche Verbindung bzw. Einheitlichkeit nach Verkehrsauffassung: stark
Trotz einer nicht allzu starken physischen Verbindung des Radiators mit dem Gebäude zählt der Heizkörper nach der Verkehrsauffassung zum Gebäude. Der Heizkörper ist demnach kein eigenständiger Vermögensgegenstand.
- Nachkauf eines internen CD ROM-Laufwerks für einen Personal Computer?
Physische Verbindung: schwach, das Laufwerk kann durch Entfernen eines Kabels und zweier Schrauben ein- und ausgebaucht werden
Wirtschaftliche Verbindung bzw. Einheitlichkeit nach Verkehrsauffassung: stark
Demnach bildet das Laufwerk eine Einheit mit dem Computer und kann nicht als eigenständiger Vermögensgegenstand bilanziert werden.
Mag. Peter Knöll
Mag. Peter Knöll, Steuerberater |
Gebäude, Vermögensgegenstände
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