Betriebsausgabenpauschalierung / Branchenpauschalierung / Pauschalierung für nichtbuchführende Gewerbetreibende |
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13. März 2025 |
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Aufgrund der Einführung der Betriebsausgabenpauschale nach § 17 Abs 3a EStG bzw. gesetzlicher Änderungen erfahren die Betriebsausgabenpauschalierungen bzw. Branchenpauschalierungen im Bereich der Kleinunternehmen in den letzten Jahren eine Renaissance.
Die Teil- bzw. Betriebsausgabenpauschalierungen im Einkommensteuergesetz ermöglichen es die Betriebsausgaben mit einem bestimmten Prozentsatz des Umsatzes anzunehmen. Anstatt tatsächlicher Betriebsausgaben kann also der Stpfl. einen pauschalen Betrag als Betriebsausgaben ansetzen. Dadurch erspart sich der Stpfl. bzw. Unternehmer in vielen Fällen nicht nur das Sammeln von Belegen sondern auch die (einzelne) Aufzeichnung derselben.
Im Rahmen des Einkommensteuergesetzes bestehen verschiedene Pauschalierungsmöglichkeiten. Je nach Art der Pauschalierung ist die Höhe des Pauschalierungssatzes unterschiedlich, außerdem variieren die Betriebsausgabenposten, die neben der Pauschale, noch zusätzlich geltend gemacht werden dürfen. Nach Auffassung der Verwaltungspraxis gelten die Teilpauschalierungen oder Betriebsausgabenpauschalierungen als Spielart der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (vgl. EStR 2000 Rz 4274).
In weiterer Folge wollen wir uns hier mit einer in der Praxis weniger bekannten Pauschalierungsform auseinandersetzen nämlich der, die für nichtbuchführende Gewerbetreibende existiert. Folgende beispielhaft aufgezählte Gewerbetreibende können diese Art der Pauschalierung in Anspruch nehmen: Bandagisten und Orthopädiemechaniker, Dachdecker, Elektroinstallateure/Elektriker, Elektromechaniker, Fliesenleger, Fotografen, Friseure, Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure, Gas- und Wasserleitungsinstallateure, Glaser, Maler, Anstreicher und Lackierer, Optiker, Orthopädieschuhmacher, Schuhmacher, Tapezierer, Zahntechniker.
Die Pauschalierung basiert auf der Verordnungsermächtigung, die in § 17 Abs 4 und 5 EStG verankert ist. Die Verordnung dazu ist im Jahr 1989 ergangen (vgl. BGBl. Nr. 55/1990). Da diese Pauschalierung den Abzug vieler Posten neben der Pauschale zulässt wird - trotz Pauschalierung - eine vollständige Erfassung der Einnahmen und Ausgaben unumgänglich sein. Neben der Betriebsausgabenpauschale können nämlich laut Verordnung im Wesentlichen folgende Ausgaben noch zusätzlich geltend gemacht werden:
-Wareneingang an Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten,
- Lohnaufwand laut Lohnkonto (inklusive Lohnnebenkosten),
- Fremdlöhne, soweit diese in die gewerbliche Leistung eingehen,
- Ordentliche Absetzung für Abnutzung laut Anlagenverzeichnis, allenfalls der Restbuchwert bei Verkauf, Tausch oder Entnahme,
- Anschaffungs- oder Herstellungskosten geringwertiger Wirtschaftsgüter,
- Ausgaben für Miete oder Pacht, Energie, Beheizung, Post und Telefon laut Zahlungsbelegen,
- Beiträge zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie Beiträge zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung.
Steuerberatungskosten, die an berufsrechtlich befugte Personen geleistet werden, können als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Der Abzug als Sonderausgaben ist laut Gesetz allerdings nur dann möglich, soweit es sich nicht um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt (Subsidiarität der Sonderausgaben). Grundsätzlich fallen Steuerberatungskosten unter den Betriebsausgabenbegriff. Da bei Inanspruchnahme einer Betriebsausgabenpauschalierung die Steuerberatungskosten im Pauschale miterfasst sind, könnten diese somit nicht als zusätzlicher Aufwand – auch nicht als Sonderausgaben- in Abzug gebracht werden. Nach Auffassung der Verwaltungspraxis sind jedoch Steuerberatungskosten nicht mit dem Betriebsausgabenpauschale abgegolten und dürfen zusätzlich als Sonderausgaben berücksichtigt werden (vgl. EStR Rz 4283a). Die Steuerberatungskosten sind somit - wie z.B. der Wareneinkauf, Materialaufwand, Mietkosten, Abschreibungen - kein entscheidungsrelevantes Kriterium für die Anwendung der Branchenpauschalierung.
Weder dem Gesetzestext § 17 Abs 4 EStG noch der Pauschalierungsverordnung selbst sind Bindungsfristen zu entnehmen. Mit anderen Worten: Der Übergang von Pauschalierung auf vollständige bzw. „normale“ Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und umgekehrt ist also flexibel, auf jährlicher Basis, möglich. Der Übergang löst keine ertragsteuerlichen Konsequenzen aus. D.h. nach unserer Auffassung kann die Pauschalierung in jenem Jahr in Anspruch genommen werden, in dem sie vorteilhaft für den Steuerpflichtigen ist. In anderen Jahren hingegen kann die vollständige Einnahmen-Ausgaben-Rechnung angewendet werden.
Im Rahmen der Erstellung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bzw. der Steuererklärungen für nichtbuchführende Gewerbetreibende sollte daher auf jährlicher Basis überprüft werden, ob die Inanspruchnahme der Pauschalierung nicht vorteilhafter wäre. Für den Vorteilhaftigkeitsvergleich ist die errechnete Betriebsausgabenpauschale den damit abpauschalierten Betriebsausgaben gegenüberzustellen.
Beispiel: Friseur und Branchenpauschalierung
Ein nichtbuchführender Gewerbetreibender, Friseur mit einer Angestellten erzielt einen jährlichen Umsatz von EUR 100.000. Für die Berechnung der Betriebsausgaben von nichtbuchführenden Gewerbetreibenden sind branchenspezifische Prozentsätze vorgesehen. Die Betriebsausgabenpauschale für Friseure beträgt nach der Verordnung 9,2% vom (Netto-)Umsatz.
Die Ausgaben des Friseursalons gliedern sich wie folgt: Personalkosten in Höhe von rd. EUR 30.000, Abschreibung EUR 4.000, Mietkosten EUR 6.300, Steuerberatungskosten von EUR 5.000, sowie Kosten für die eigene Pflichtversicherung (SVS) EUR 1.800, Telefon/Internet EUR 1.000, Materialeinkauf EUR 4.000; im Übrigen fallen folgende Kosten an: Werbung, KFZ-Kosten, Versicherungen, Instandhaltung, Kammerumlage und Gebühren in Summe EUR 5.000 an.
Die Betriebsausgabenpauschale für Friseure beträgt 9,2% vom Umsatz, sonach im gegebenen Fall EUR 9.200. Im vorliegenden Fall würde also die Pauschalierung einen Vorteil bzw. fiktiven Mehraufwand von rd. EUR 4.200 bringen, da nur die übrigen Kosten in Höhe von EUR 5.000 nicht neben dem Pauschale in Abzug gebracht werden dürfen. Die Einkommensteuer als auch Sozialversicherung des Friseurs wären bei Anwendung der Branchenpauschalierung also entsprechend niedriger.
In der Praxis wird leider gerne auf diese wenig bekannte Art der Pauschalierung vergessen. Sollten Sie ein Gewerbetreibender (z.B. Bandagisten und Orthopädiemechaniker, Dachdecker, Elektroinstallateure/Elektriker, Elektromechaniker, Fliesenleger, Fotografen, Friseure, Fußpfleger, Kosmetiker und Masseure, Gas- und Wasserleitungsinstallateure, Glaser, Maler, Anstreicher und Lackierer, Optiker, Orthopädieschuhmacher, Schuhmacher, Tapezierer, Zahntechniker) sein und Sorge haben, dass Ihre Steuererklärungen in der Vergangenheit nicht optimal ausgefüllt wurden, dann kontaktieren Sie bitte uns. Übermitteln Sie uns Ihre (letzten) Jahresabschlüsse/Saldenlisten wir überprüfen gerne, ob die Anwendung der Pauschalierung ihnen einen Vorteil gebracht hätte bzw. in Zukunft bringen würde.
Haben Sie noch Fragen zum Thema Branchenpauschalierung, Betriebsausgabenpauschalierung. Kontaktieren Sie Mag. Peter Knöll. Mit seinem Fachwissen unterstützt er Sie gerne. Rufen Sie ihn unter 0650/ 634 70 42 an.
Web: https://www.steuerberater-wien.at/
Mag. Peter Knöll
Mag. Peter Knöll, Steuerberater |
Basispauschalierung, Betriebsausgabenpauschalierung, Teilpauschalierung
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