BFG zu einer Immobilienschenkung mit Ausgleichszahlungen / vorweggenommene Erbfolge |
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31. Dezember 2020 |
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Ihr Ansprechpartner zu dem Thema: Web: Mag. Peter Knöll
Das Bundesfinanzgericht hat sich in der Entscheidung vom 6. Mai 2020 RV/2100647/2018 mit der Frage beschäftigt, ob die Schenkung einer Liegenschaft von den Eltern an ein Kind unter Vereinbarung einer Ausgleichszahlung an die ‚weichenden Erben‘ (hier: drei Geschwister) Einkommensteuerpflicht bzw. Immobilienertragsteuer auslöst. Das beschenkte Kind hatte gemäß den Vereinbarungen seine drei Geschwister mit jeweils einem Viertel des Wertes der übertragenen Liegenschaft auszuzahlen. Zudem wurde ein wechselseitiger Pflichtteilsverzicht zwischen den Parteien abgegeben.
Augenscheinlich stand die Grundstückstransaktion in Zusammenhang mit einer vorweggenommenen Erbfolgeregelung. Die Eltern wollten ihr Wohngebäude einem Kind unter der Auflage, dass die übrigen drei Geschwister einen Ausgleich erhalten, weitergeben.
Gemäß der Verwaltungspraxis (EStR 2000 Rz 6625) sind Schenkungen unter Leistung einer Ausgleichszahlung im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge daraufhin zu untersuchen, ob die Ausgleichszahlung aus der Sphäre des Grundstücksübernehmers kommt und ob diese mindestens 50% des gemeinen Wertes des Grundstückes ausmacht. Trifft beides zu ist ein entgeltlicher Vorgang bzw. ein Veräußerungsgeschäft im Sinn des § 30 EStG anzunehmen.
Der Grundstücksübernehmer tätigt die Ausgleichszahlungen, um die Verfügungsgewalt über das Vermögen des bisherigen Inhabers zu erlangen. Es wird also bei einer solchen Konstellation eine Veräußerung des Grundstücksübergebers an den Geschenknehmer gesehen. Die vereinbarte Gegenleistung bzw. Ausgleichszahlung gilt als Gegenleistung an den Grundstücksübergeber. Dies gilt selbst dann, wenn der Zahlungsweg verkürzt wird, indem die Gegenleistung direkt an die ‚weichenden Erben‘ fließt.
Das Finanzamt berief sich auf vorgenannte Rechtsmeinung in den Einkommensteuerrichtlinien und setzte Einkommensteuer im Wesentlichen bemessen von ¾ des Wertes der Liegenschaft, also der vereinbarten Gegenleistung, fest.
Die Eltern erhoben gegen den Steuerbescheid Beschwerde und wendeten ein, dass die Regelungen der Richtlinien verfassungswidrig seien, weil sie Familien mit mehreren Kindern benachteiligen würden. Dies begründeten sie damit, dass bei mehr als 2 Kindern die Regelungen dazu führen würden, dass bei Immobilienschenkungen wegen der anteiligen Ausgleichszahlungen (in Summe über 50% des Wertes der Liegenschaft) an die ‚weichenden Erben‘ immer Steuerpflicht eintritt und diese immer höher wird, je mehr Kinder es gibt.
Zudem machten die Eltern geltend, dass die 50% Grenze, die das Finanzamt für die Frage, ob ein Vorgang im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolgeregelung überwiegend Schenkungscharakter habe oder nicht, anwendete völlig willkürlich sei.
Das BFG stellte in seiner Entscheidung fest, dass eine Vermögensübertragung aus dem Blickwinkel des Ertragsteuerrechtes immer nur einheitlich als Veräußerung oder Schenkung betrachtet werden kann (Einheitstheorie). Das Ertragsteuerrecht kennt keine Teilentgeltlichkeit.
Für das Vorliegen einer Schenkung müssen kumulativ zwei Voraussetzungen gegeben sein, es muss ein Bereicherungswille zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer vorhanden sein (zwischen Verwandten wird dies regelmäßig anzunehmen sein) und es muss ein krasses Missverhältnis zwischen den beiderseitigen Leistungen gegeben sein. Ein krasses Missverhältnis wird in Anlehnung an die Rentenbesteuerung, die gesetzlich geregelt ist, bei einem Wertunterschied von Leistung und Gegenleistung in Höhe von mindestens 50% gesehen.
Nachdem im vorliegenden Fall das grundstücksübernehmende Kind 75% des Wertes des Grundstückes (also mehr als 50%) für die Übernahme des Grundstückes an seine Eltern, bzw. im verkürzten Weg an seine Geschwister zahlte war entgeltlicher Vorgang gegeben, der gemäß § 30 EStG zur Immobilienertragsteuer bzw. Einkommensteuerpflicht des Vorganges führte. Das BFG hatte somit die Beschwerde der Eltern abzuweisen.
Die Besteuerung der Transaktion fiel für die Eltern dennoch mild aus, da es sich um ein Altgrundstück handelte. Es mussten also nur 4,2% der Gegenleistung als Immobilienertragsteuer bzw. Einkommensteuer bezahlt werden.
Für das übernehmende Kind bedeutet dies jedoch, dass die Altvermögenseigenschaft der Liegenschaft durch die Transaktion verloren ging. Im Falle einer Weiterveräußerung müsste der Verkaufspreis der aktuellen Gegenleistung an die Geschwister (= Anschaffungskosten des Grundstückes) gegenübergestellt werden und davon 30% ImmoESt entrichtet werden.
Fazit
Alles in allem bedeutet dies, dass bei Transaktionen im Familienverband bzw. im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge Vorsicht geboten ist. Es kann nicht nur unerwartet Einkommensteuerpflicht eintreten, sondern grunderwerbsteuerliche bzw. umsatzsteuerrechtliche Aspekte sind auch oft mitzubedenken. Überdies kann bei schlechter Gestaltung aus einem günstigen Altgrundstück ein Neugrundstück mit allen negativen Konsequenzen im Fall einer späteren Veräußerung werden. Es wird daher sinnvoll sein alle Möglichkeiten vor deren Verwirklichung mit einem Fachmann zu besprechen.
Haben Sie noch Fragen zum Thema vorweggenomme Erbfolge, Immobilienschenkung. Mag. Peter Knöll ist Steuerberater mit Tätigkeitsschwerpunkt Immobiliensteuerrecht. Mit seinem Fachwissen unterstützt er Sie gerne. Rufen Sie ihn einfach unter 0650/ 634 70 42 an.
Web: https://www.steuerberater-wien.at/
Mag. Peter Knöll
Mag. Peter Knöll, Steuerberater |
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